An anthology of German literature Part 80
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LA FEU. Es soll mir nicht fehlen, das schwarze verrauchte Haus gegenuber, mitsamt dem alten Turm, in ein Feenschloss zu verwandeln.
Zauber, Zauberphantasie!-- (_lauschend_) Welch lieblich geistige Symphonieen treffen mein Ohr? --Beim Amor! ich will mich wie ein alt Weib verlieben, in einem alten baufalligen Haus wohnen, meinen zarten Leib in stinkenden Mistlaken baden, bloss um meine Phantasie zu scheren.
Ist keine alte Hexe da, mit der ich scharmieren konnte? Ihre Runzeln sollen mir zu Wellenlinien der Schonheit werden; ihre herausstehende schwarze Zahne zu marmornen Saulen an Dianens Tempel; ihre herabhangende lederne Zitzen Helenens Busen ubertreffen. Einen so aufzutrocknen, wie mich! --He, meine phantastische Gottin! --Wild, ich kann dir sagen, ich hab' mich brav gehalten die Tour her. Hab' Dinge gesehen, gefuhlt, die kein Hund geschmeckt, keine Nase gerochen, kein Aug gesehen, kein Geist erschwungen--
WILD. Besonders wenn ich dir die Augen zuband. Ha! Ha!
LA FEU. Zum Orcus! du Ungestum! --Aber sag' mir nun auch einmal, wo sind wir in der wirklichen Welt jetzt? In London doch?
WILD. Freilich. Merktest du denn nicht, da.s.s wir uns einschifften? Du warst ja seekrank.
LA FEU. Weiss von allem nichts, bin an allem unschuldig. --Lebt denn mein Vater noch? Schick doch einmal zu ihm, Wild, und la.s.s ihm sagen, sein Sohn lebe noch. Kame soeben von den Pyrenaischen Gebirgen aus Friesland. Weiter nichts.
WILD. Aus Friesland?
LA FEU. In welchem Viertel der Stadt sind wir dann?
WILD. In einem Feenschloss, La Feu! Siehst du nicht den goldnen Himmel?
die Amors und Amouretten? die Damen und Zwergchen?
LA FEU. Bind' mir die Augen zu! (_Wild bindet ihm zu._) Wild! Esel!
Ochse! nicht zu hart! (_Wild bindet ihn los._) He! Blasius, lieber, bissiger, kranker Blasius, wo sind wir?
BLASIUS. Was weiss ich?
WILD. Um euch einmal aus dem Traum zu helfen, so wisst, da.s.s ich euch aus Russland nach Spanien fuhrte, weil ich glaubte, der Konig fange mit dem Mogol Krieg an. Wie aber die spanische Nation trage ist, so war's auch hier. Ich packte euch also wieder auf, und nun seid ihr mitten im Krieg in Amerika. Ha! la.s.s mich's nur recht fuhlen, auf amerikanischem Boden zu stehen, wo alles neu, alles bedeutend ist. Ich trat ans Land--O da.s.s ich keine Freude rein fuhlen kann!
LA FEU. Krieg und Mord! o meine Gebeine! o meine Schutzgeister! --So gib mir doch ein Feenmarchen! o weh mir!
BLASIUS. Da.s.s dich der Donner erschlug', toller Wild! was hast du wieder gemacht? Ist Donna Isabella noch? He! willst du reden? meine Donna!
WILD. Ha! Ha! Ha! du wirst ja einmal ordentlich aufgebracht.
BLASIUS. Aufgebracht? Einmal aufgebracht? Du sollst mir's mit deinem Leben bezahlen, Wild! Was? bin ich wenigstens ein freier Mensch. Geht Freundschaft so weit, da.s.s du in deinen Rasereien einen durch die Welt schleppst wie Kuppelhunde? Uns in die Kutsche zu binden, die Pistole vor die Stirn zu halten, immer fort, klitsch! klatsch! In der Kutsche essen, trinken, uns fur Rasende auszugeben, In Krieg und Getummel von meiner Pa.s.sion weg, das einzige, was mir ubrig blieb--
WILD. Du liebst ja nichts, Blasius.
BLASIUS. Nein, ich liebe nichts. Ich hab's so weit gebracht, nichts zu lieben, und im Augenblick alles zu lieben, und im Augenblick alles zu vergessen. Ich betruge alle Weiber, dafur betrugen und betrogen mich alle Weiber. Sie haben mich geschunden und zusammengedruckt, da.s.s Gott erbarm'! Ich hab' alle Figuren angenommen. Dort war ich Stutzer, dort Wildfang, dort tolpisch, dort empfindsam, dort Engellander, und meine grosste Conquete machte ich, da ich nichts war. Das war bei Donna Isabella. Um wieder zuruckzukommen--deine Pistolen sind geladen--
WILD. Du bist ein Narr, Blasius, und verstehst keinen Spa.s.s.
BLASIUS. Schoner Spa.s.s dies! Greif zu! ich bin dein Feind den Augenblick.
WILD. Mit dir mich schiessen? Sieh, Blasius! Ich wunschte jetzt in der Welt nichts als mich herumzuschlagen, um meinem Herzen einen Lieblingsschmaus zu geben. Aber mit dir? Ha! Ha! (_Halt ihm die Pistole vor._) Sieh ins Mundloch und sag, ob dir's nicht grosser vorkommt als ein Tor in London? Sei gescheit, Freund! Ich brauch' und lieb' euch noch, und ihr mich vielleicht auch. Der Teufel konnte keine grossre Narren und Unglucksvogel zusammen fuhren als uns. Deswegen mussen wir zusammen bleiben, und auch des Spa.s.ses halben. Unser Ungluck kommt aus unserer eignen Stimmung des Herzens, die Welt hat dabei getan, aber weniger als wir.
BLASIUS. Toller Kerl! Ich bin ja ewig am Bratspiess.
LA FEU. Mich haben sie lebendig geschunden und mit Pfeffer eingepokelt.
--Die Hunde!
WILD. Wir sind nun mitten im Krieg hier, die einzige Gluckseligkeit, die ich kenne, im Krieg zu sein. Geniesst der Scenen, tut was ihr wollt.
LA FEU. Ich bin nicht fur'n Krieg.
BLASIUS. Ich bin fur nichts.
WILD. Gott mach euch noch matter! --Es ist mir wieder so taub vorm Sinn.
So gar dumpf. Ich will mich uber eine Trommel spannen la.s.sen, um eine neue Ausdehnung zu kriegen. Mir ist so weh wieder. O konnte ich in dem Raum dieser Pistole existieren, bis mich eine Hand in die Luft knallte!
O Unbestimmtheit! wie weit, wie schief fuhrst du die Menschen!
[Notes: 1: Friedrich Maximilian Klinger (1752-1831) was a fellow-townsman and friend of Goethe. His _Sturm und Drang_, which was at first named _Wirrwarr_, came out in 1776. The scene is 'America.' The speakers are Wild, a l.u.s.ty and masterful man of action; Blasius, a _blase_ worldling; and La Feu, a sentimental dreamer. They propose to try their fortunes in the French-Indian War.]
2
_From Leisewitz' 'Julius of Tarentum,' Act 3, Scene 3._[2]
GUIDO, JULIUS
GUIDO. Julius, kannst du die Tranen eines Vaters ertragen? Ich kann's nicht.
JULIUS. Ach, Bruder, wie konnt' ich?
GUIDO. Meine ganze Seele ist aus ihrer Fa.s.sung, ich mochte mir das Gewuhl einer Schlacht wunschen, um wieder zu mir selbst zu kommen. --Und das kann eine Trane? Ach, was ist der Mut fur ein wunderbares Ding! Fast mochte ich sagen, keine Starke der Seele, bloss Bekanntschaft mit einem Gegenstande--und wenn das ist, ich bitte dich, was hat der Held, den eine Trane ausser sich bringt, an innerer Wurde vor dem Weibe voraus, das vor einer Spinne auffahrt?
JULIUS. Bruder, wie sehr gefallt mir dieser dein Ton!
GUIDO. Mir nicht, wie kann mir meine Schwache gefallen! Ich fuhle, da.s.s ich nicht Guido bin. Wahrhaftig, ich zittre--o wenn das ist, so werd'
ich bald auf die rechte Spur kommen!--ich hab' ein Fieber!
JULIUS. Seltsam--da.s.s sich ein Mensch schamt, da.s.s sein Temperament starker ist als seine Grundsatze.
GUIDO. La.s.s uns nicht weiter davon reden!--meine jetzige Laune konnte daruber verfliegen, und ich will sie nutzen! Man muss gewisse Entschlusse in diesem Augenblick ausfuhren, aus Furcht, sie mochten uns in den kunftigen gereuen. Du weisst es, Bruder, ich liebe Blancan, und habe meine Ehre zum Pfande gegeben, da.s.s ich sie besitzen wollte. --Aber diese Tranen machen mich w.a.n.kend.
JULIUS. Du setzest mich in Erstaunen.
GUIDO. Ich glaube meiner Ehre genug getan zu haben, wenn sie niemand anders besitzt, wenn sie bleibt, was sie ist--denn wer kann auf den Himmel eifersuchtig sein? Aber du siehst, wenn ich meine Anspruche aufgebe, so musst du auch die deinigen, mit all den Entwurfen, sie jemals in Freiheit zu setzen, aufgeben. --La.s.s uns das tun, und wieder Bruder und Sohne sein! --Wie wird sich unser Vater freuen, wenn er uns beide zu gleicher Zeit am Ziel sieht, wenn wir beide aus dem Kampfe mit einander als Sieger zuruckkommen, und keiner uberwunden. --Und noch heute muss das geschehen, heut' an seinem Geburtstage.
JULIUS. Ach, Guido!
GUIDO. Eine entscheidende Antwort!
JULIUS. Ich kann nicht.
GUIDO. Du willst nicht? so kann ich auch nicht. Aber von nun an bin ich unschuldig an diesen vaterlichen Tranen, ich schwor' es, ich bin unschuldig. Auch ich bekame meinen Anteil davon, sagt' er. --Siehe, ich walze ihn hiemit auf dich. Dein ist die ganze Erbschaft von Tranen und Fluchen!
JULIUS. Du bist ungerecht,--glaubst du denn, da.s.s sich eine Leidenschaft so leicht ablegen la.s.se, wie eine Grille, und da.s.s man die Liebe an- und ausziehen konne, wie einen Harnisch? --Ob ich will--ob ich will--wer liebt, will lieben und weiter nichts. --Liebe ist die grosse Feder in dieser Maschine; und hast du je eine so widersinnig kunstliche Maschine gesehen, die selbst ein Rad treibt, um sich zu zerstoren, und doch noch eine Maschine bleibt?
GUIDO. Ungemein fein, ungemein grundlich--aber unser armer Vater wird sterben!
JULIUS. Wenn das geschieht, so bist du sein Morder! --Deine Eifersucht wird ihn toten, und hast du nicht eben gesagt, du konntest deine Anspruche aufgeben, wenn du wolltest--heisst das nicht gestehen, da.s.s du sie nicht liebst, und doch bleibst du halsstarrig? Dein Aufgeben war'
An anthology of German literature Part 80
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An anthology of German literature Part 80 summary
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