An anthology of German literature Part 35
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Geht dreist zu Hof, Ihr findet dort Frau Riechgenau, mein Ehgemahl. 75 Der Konig liebt sie, und zumal Auch unsre Frau, die Konigin, Denn sie hat klugen, behenden Sinn.
Sprecht sie an, sie liebt die Herrn Und verwendet sich fur Freunde gern. 80 Sie ist Euch zu jedem Dienst erbotig.
Das Recht hat manchmal Hilfe notig.
Bei ihr sind ihrer Schwestern zwei, Dazu auch meiner Kinder drei Und viel andre noch von Euerm Geschlecht, 85 Die gern Euch helfen zu Euerm Recht.
Kann Euch denn sonst kein Recht geschehn, So la.s.s' ich meine Macht Euch sehn.
Macht es mir nur gleich bekannt.
Alle, die wohnen im ganzen Land, 90 Den Konig und alle, Weib und Mann, Die bring' ich in des Papstes Bann Und schick' ein Interdict so schwer, Man soll nicht begraben noch taufen mehr, Und keine Messe lesen noch singen. 95 Drum, lieber Ohm, seid guter Dingen!
Der Papst ist ein alter, schwacher Mann, Er nimmt sich keiner Sache mehr an; Drum hat man sein auch wenig acht.
Am Hofe ubt die ganze Macht 100 Der Kardinal von Ohnegenugen, Ein rustiger Mann, der weiss es zu fugen.
Ich kenn' ein Weib, die hat er lief, Die soll ihm bringen einen Brief.
Mit der bin ich sehr wohl bekannt, 105 Und, was sie will, geschieht im Land.
Sein Schreiber heisst Johann Partei, Der kennt wohl Munze alt und neu.
Horchgenau ist sein k.u.mpan, Der ist des Hofes Kurtisan. 110 Wendundschleich ist Notarius, Beider Rechte Baccalaureus; ubt der ein Jahr noch seine Tucken, So wird er Meister in Praktiken, Moneta und Donarius halten jetzt 115 Die Richterstuhle dort besetzt; Wem sie das Recht erst abgesprochen, Dem ist und bleibt der Stab gebrochen.
So gilt in Rom jetzt manche List, Daran der Papst unschuldig ist. 120 Die muss ich alle zu Freunden halten: Sie haben uber die Sunden zu schalten Und losen das Volk all aus dem Bann.
Oheim, vertraut Euch mir nur an!
Der Konig hat es schon vernommen, 125 Da.s.s ich Euch will zu Hilfe kommen.
Er weiss auch, da.s.s ich der Mann dazu bin; Drum kommt Ihr nicht zu Ungewinn.
Bedenkt alsdann der Konig recht, Wie viele vom Affen- und Fuchsgeschlecht, 130 In seinem geheimsten Rate sitzen.
Geh's wie es will, das muss Euch nutzen."
Reineke sprach: "Ich bin getrostet; Ich dank' Euch's gern, wenn Ihr mich lostet."
+x.x.xVI. PETER SUCHENWIRT+
The most gifted verse-writer of the poetically barren 14th century. He was a 'wandering singer' who depended for his livelihood upon the patronage of princes and spent the most of his life in Austria. He died about 1400. The selection is a translation of his _Red' von der Minne_.
+A Discourse of Love.+
Ich wanderte an einem Tag In einen wonniglichen Hag, Darin die Vogel sungen; Da kam ich unbezwungen Auf einem wonniglichen Raume 5 Zu einem dichtbelaubten Baume, An deren Wurzeln wundervoll Hervor ein kaltes Brunnlein quoll.
Da fand ich sitzen hart anbei Drei Frauen alle mangelfrei, 10 Minne, Staet' und Gerechtigkeit.
Die erste klagt' ihr Herzensleid, Bezwungen von des Schmerzes Not; Sie sprach: "Ich bin beinahe tot An Ehren und an Sinnen: 15 Die mich sollten minnen, Sie sind ein ehrloses Geschlecht.
Da ich nun, Minne, mit Unrecht Auf Erden kam zu solchem Leben, Sollt ihr getreuen Rat mir geben. 20 Gerechtigkeit, in Gottes Namen, Von dem die zehn Gebote kamen, Macht, da.s.s mein Recht mir werd' erteilt: Wer Minne lasterhaft vergeilt Und reiner Frauen Wurdigkeit, 25 Der buss' es! Das ist nun mein Leid."
Gerechtigkeit sprach zu der Staete: "Wir hatten notig gute Rate, Um recht zu richten die Geschicht'."
Frau Staete sprach mit Worten schlicht: 30 "Nun hort und merkt, was ich will sagen: Wem Minne Ha.s.s mag tragen, Den wollen wir in aller Schnelle Sogleich verh.o.r.en auf der Stelle."
Gerechtigkeit tat auf den Mund: 35 "Macht uns allhier mit Worten kund, Durch wen Ihr leidet solche Pein."
Frau Minne sprach: "Der Jammer mein Ist leider hart und schauderhaft, Weil mancher Prahler lugenhaft 40 Von reinen Frauen faselt. Ach, Da.s.s Gott ihn nicht mit seinem Schlag Getroffen aller Welt zur Lehr'!
Das wurde mich erfreuen sehr, Wie ich bekenne offentlich. 45 Die schnoden Dinge liebt er sich Und schwatzt von dem, was er nie sah.
Drum sollt' er in die Holl' und da Die heisse Loh ihn sengen, Der Teufel hart bedrangen, 50 Zur Ahndung seiner falschen List, Weil er ein loser Schwatzer ist.
Daruber sollt ihr richten mir."
Gerechtigkeit erwidert' ihr: "So sei's! Ein Urteil soll geschehn: 55 Ihn soll kein lieblich Aug' ansehn, Von einer reinen Frauen zart; Ihr Mund sei gegen ihn verspart, Da.s.s ihm kein Gruss mag werden kund Von einem rosenroten Mund. 60 Das ist der strenge Wille mein."
Frau Staete sprach: "Ich leid' auch Pein In meinem Herzen mannigfalt: Ich habe Diener, jung und alt, Die sagen, da.s.s sie statig sein 65 Und tun das offentlich zum Schein Bei reinen Frauen manchmal kund; Doch tief in ihres Herzens Grund Liegt falscher List ein grosser Hort: Das ist der Seele arger Mord 70 Und reiner Frauen Ungewinn.
Ich wollt', wer hatt' so falschen Sinn, Da.s.s dem doch aus dem Munde sein Die Zahne wuchsen, wie dem Schwein; Daran erkenntlich waren die Leut', 75 Und reine Frauen leicht befreit Von jener Schalkchen loser Schar Mit Worten sanft und doch nicht wahr, Mit Zungen, die wie Messer schneiden; Ach, was muss man davon leiden! 80 Und noch eins mich mit Schmerz bewegt: Da.s.s mancher Blau am Leibe tragt Und wahnt davon statig zu sein, Weil er in blauer Farbe Schein Erzeiget sich den Frauen gut. 85 Mich dunkt nun so in meinem Mut: Ware die Farbe, wie man hort, Die Elle hatte wohl den Wert Von hundert Gulden sicherlich; Doch Staete wiegt im Herzen sich, 90 Sie tut nicht von der Farbe kommen, Drum kann es manchem wenig frommen, Wenn er der Unstaet' huldigt Und wird von Fraun beschuldigt."
Ich hort' ihr Plaudern mannigfalt, 95 Und was zu tun, entschied ich bald.
Ich ging hinzu und sprach kein Wort.
Frau Minn' erblickte mich sofort, Die war gar wundersam geziert: "Sag' mir, mein lieber Suchenwirt," 100 Sprach sie, "was tust du hie?"
Geschwinde fiel ich auf ein Knie.
"Gnade, Frau," darauf sprach ich; "Der Mai hat Blumen wonniglich Im ganzen Land herumgestreut, 105 Da.s.s manches Herze wird erfreut, So wie die kleinen Vogelein.
Ich kam verlockt vorn Augenschein Auf diesen Anger wunderbar; Da wurde Euer ich gewahr 110 Und horte Eure Klage gross."
Sie sprach: "Ich bin der Freuden bloss Und weiss, was ich beginnen soll.
Die Welt ist schlechter Kniffe voll: Hast du gehort des Jammers Pein, 115 So handle nach dem Willen mein Und tu' es offenherzig kund Den Edlen hier zu mancher Stund', Da.s.s sie vor Schande huten sich."
"Das tu' ich gerne, Frau," sprach ich. 120 So schied ich von der Minne dann Begluckt und ohne argen Wahn.
+x.x.xVII. BRANT'S s.h.i.+P OF FOOLS+
A famous satire published at Basel in 1494, with numerous excellent woodcuts. Its author, Sebastian Brant, was born at Stra.s.sburg in 1457, took his degree in law, became city clerk of his native place and died in 1521. The _s.h.i.+p of Fools_, which consists of disconnected sections describing the various kinds of fools--over a hundred of them--who have embarked in the s.h.i.+p for Fool-land, was translated into Latin, into French three times and into English twice. It was Germany's first important contribution to world literature. The selections are from the modernization by Simrock, Berlin, 1872.
+1+
+Von Geiznarren.+
Wer sich verla.s.st auf zeitig Gut, Drin Freude sucht und guten Mut, Der ist ein Narr mit Leib und Blut.[1]
Der ist ein Narr, der sammelt Gut Und hat nicht Freud', und guten Mut 5 Und weiss auch nicht, wem er's wird sparen, Wenn er muss zum dustern Keller fahren.
Noch torichter ist, wer vertut In uppigkeit und Frevelmut Was Gott ins Haus ihm hat gegeben. 10 Er nur verwalten soll sein Leben Und Rechenschaft drum geben muss Wohl schwerer als mit Hand und Fuss.
Ein Narr hauft den Verwandten viel; Die Seel' er nicht bedenken will, 15 Sorgt, ihm gebrech' es in der Zeit, Und fragt nicht nach der Ewigkeit.
O armer Narr, wie bist du blind!
Du scheust den Ausschlag, kriegst den Grind.
Erwirbt mit Sunden mancher Gut 20 Und brennt dann in der Holle Glut, Des achten seine Erben klein: Sie hulfen ihm nicht mit einem Stein, Losten ihn kaum mit einem Pfund, Wie tief er lag' im Hollenschlund. 25 Gib weil du lebst, ist Gottes Wort: Ein andrer schaltet, bist du fort.
Kein weiser Mann trug je Verlangen Mit Reichtum auf der Welt zu prangen.
Er trachtet nur sich selbst zu kennen; 30 Den Weisen mag man steinreich nennen.
Das Geld am Ende Cra.s.sus trank; Danach gedurstet hatt' ihn lang.
Crates sein Geld warf in das Meer, So stort's im Lernen ihn nicht mehr. 35 Wer sammelt, was verganglich ist, Begrabt die Seel' in Kot und Mist.
[Notes: 1: These three lines, which are a sort of motto, precede a picture representing a rich man seated at a table which is loaded with money and plate. Two poor travelers approach and look covetously upon the wealth. All three men wear the fool's cap.]
+2+
+Selbstgefalligkeit.+
Den Narrenbrei ich nie verga.s.s, Seit mir gefiel das Spiegelglas: Hans Eselsohr mein Herz besa.s.s.[2]
Der ruhrt sich wohl den Narrenbrei, Der wahnt, da.s.s er sehr witzig sei, 5 Und gefallt sich selber gar so wohl, Da.s.s er in den Spiegel guckt wie toll Und doch nicht mag gewahren, da.s.s Er einen Narren sieht im Glas.
Und sollt' er schworen einen Eid, 10 Spricht man von Zucht und Artigkeit, Meint er, die hatt' er ganz allein, Seinsgleichen konnt' auch nirgends sein, Der aller Fehler ledig war'.
Sein Tun und Ruhn gefallt ihm sehr. 15 Des Spiegels er drum nicht entrat, Wo er sitzt und reitet, geht und steht, Wie es Kaiser Otho hat gemacht, Der den Spiegel mitnahm in die Schlacht Und schor die Backen zwier am Tag, 20 Mit Eselsmilch sie wusch hernach.
Dem Spiegel sind die Fraun ergeben; Ohne Spiegel konnte keine leben.
Eh' sie sich recht davor geschleiert Und geputzt, wird Neujahr wohl gefeiert. 25 Wem so gefallt Gestalt und Werk, Ist dem Affen gleich zu Heidelberg.[3]
Dem Pygmalion gefiel sein Bild, Vor Narrheit ward er toll und wild.
Sah in den Spiegel nicht Narciss, 30 Lebt' er noch manches Jahr gewiss.
Mancher sieht stets den Spiegel an, Der ihm doch nichts Schones zeigen kann.
Wo du solch narrisch Schaf siehst weiden, Das mag auch keinen Tadel leiden, 35 Es geht in seinem Taumel hin, Und kein Verstand will ihm zu Sinn.
An anthology of German literature Part 35
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An anthology of German literature Part 35 summary
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